DigiPolis21

Oktober 3, 2017

REDE DES BUNDESPRÄSIDENTEN ZUM TAG DER DEUTSCHEN EINHEIT 2017

Filed under: Uncategorized — Stadtwissen66 @ 10:20 pm

REDE DES BUNDESPRÄSIDENTEN ZUM TAG DER DEUTSCHEN EINHEIT 2017

FRANK WALTER STEINMEIER SAGTE IN MAINZ:

„Heimweh nach früher hab ich keins /

Nach alten Kümmernissen /

Deutschland Deutschland ist wieder eins /

Nur ich bin noch zerrissen.“

„Wir feiern den Tag der Deutschen Einheit – wie jedes Jahr. Und wir feiern ihn zu Recht, den 3. Oktober, den Tag, an dem Ost und West in Deutschland wieder eins wurden.

Und doch ist in diesem Jahr etwas anders. Nicht nur Wolf Biermann, den ich zu Beginn zitiert habe, auch viele andere schauen mit Fragen, mit Sorgen, mit Verunsicherung auf die innere Einheit unseres Landes. Das ist die eine Seite des heutigen Tages. Sie ist deutlich zu spüren in diesem Jahr.

Aber es gibt auch eine andere Seite, und auch die sehe ich hier in unserem Saal versammelt: junge Menschen, Schülerinnen und Schüler aus 16 Bundesländern – seien Sie uns ganz besonders herzlich willkommen.

„Tag der Deutschen Einheit?“ werden Sie fragen: „Wieso eigentlich nur einmal im Jahr? Deutsche Einheit ist doch jeden Tag“ – 365 Tage im Jahr und das seit 27 Jahren. Anders haben Sie es gar nicht kennen gelernt. Eine ganze, junge, lebensfrohe Generation ist es schon, die im wiedervereinten Deutschland geboren und zuhause ist.

Liebe Jugendliche, Ihnen gehört die Zukunft dieses Landes! Und wir, die Generation der Eltern und Großeltern, sind in der Pflicht, das an Sie weiterzugeben, was vor 27 Jahren errungen wurde: ein vereintes, freies und friedliches Deutschland. Ganz gleich, was uns heute bewegt – ob Freude oder Zerrissenheit, ob Enttäuschung oder Hoffnung -, das vereinte Deutschland, ein freies und demokratisches Deutschland, ein Deutschland, das nicht mit Angst, sondern mit Zuversicht in die Zukunft schauen kann – dieses Deutschland sind wir unseren Kindern schuldig.

Liebe Jugendliche, ja, deutsche Einheit ist jeden Tag. Das bedeutet: Wir feiern heute etwas Alltägliches – aber eben nichts Selbstverständliches. Denen, die nach der Einheit geboren wurden, die nicht wissen können, wie das war, denen rate ich: Fragen Sie die, die dabei waren.

Fragen Sie unsere Gäste aus Osteuropa. Fragen Sie gerade jetzt auch die Menschen aus Polen oder Ungarn, deren Wille zur Freiheit und zur Demokratie den Ostblock ins Wanken brachte und der Mauer in Berlin die ersten Risse versetzte.

Fragen Sie die Ostdeutschen, die diese Mauer zum Einsturz brachten – nicht durch Hass, nicht mit Gewalt, sondern durch friedlichen Protest und mit großem Mut.

Fragen Sie die Staatsmänner oder realistischer ist: Googeln Sie die Staatsmänner im Westen wie im Osten, die uns zugetraut haben, dass auch ein vereintes Deutschland ein friedliches Deutschland sein wird.

Und fragen Sie – gerade in diesem Jahr – nach dem Staatsmann, nach dem deutschen Europäer hier aus Rheinland-Pfalz, der die historische Gunst der Stunde ergriffen und das Einigungswerk politisch ermöglicht hat: Helmut Kohl, der vor drei Monaten verstorben ist.

Das ist das Deutschland, in das Sie hinein geboren wurden – ein Deutschland, das einen weiten Weg zurückgelegt hat: vom entfesselten Nationalismus, der Krieg und Verwüstung über Europa brachte, von einer geteilten Nation im Kalten Krieg hin zu einem demokratischen und starken Land in der Mitte Europas.

Meine Damen und Herren, unser Weg muss ein Weg in Frieden und Freundschaft mit unseren europäischen Nachbarn bleiben, und es darf nie wieder ein Rückweg in den Nationalismus sein!

Deutsche Einheit ist jeden Tag. Aber – spüren wir sie auch jeden Tag? Wann wird uns im Alltag eigentlich bewusst, dass wir Teil einer Gemeinschaft von 80 Millionen sind?

Für viele Menschen war das vor neun Tagen, am 24. September so. Das freie und gleiche Wahlrecht verbindet uns – und das spüren wir jedes Mal, wenn wir mit unseren Nachbarn in der Schlange vor der Wahlkabine stehen und am 24. September haben deutlich mehr Menschen als in den beiden letzten Bundestagswahlen von diesem stolzen Recht Gebrauch gemacht. Das ist die gute Nachricht.

Doch noch am selben Abend dominierte bei vielen von uns weniger das sichere Gefühl von Einheit, vielmehr der Blick auf ein Land, durch das sich unübersehbar kleine und große Risse ziehen.

Ich halte ganz und gar nichts von düsteren Abstiegsszenarien, aber ich finde, auch an einem Feiertag dürfen wir nicht so tun, als sei da nichts geschehen: „Abhaken und weiter so!“ Vor allem dürfen wir das Wahlergebnis nicht nur abladen bei Parteien, Fraktionen und Koalitionsverhandlungen. Sicher, die tragen jetzt große Verantwortung. Aber das Signal ging an uns alle, und wir müssen es beantworten – wir Deutsche.

Das beginnt mit der Frage: Wer ist das eigentlich – „wir Deutsche“? Heute, am 3. Oktober stellen wir fest: Ja, die deutsche Einheit ist politischer Alltag geworden. Die große Mauer quer durch unser Land ist weg. Aber am 24. September wurde deutlich: Es sind andere Mauern entstanden, weniger sichtbare, ohne Stacheldraht und Todesstreifen – aber Mauern, die unserem gemeinsamen „Wir“ im Wege stehen.

Ich meine die Mauern zwischen unseren Lebenswelten: zwischen Stadt und Land, online und offline, Arm und Reich, Alt und Jung – Mauern, hinter denen der eine vom anderen kaum noch etwas mitbekommt.

Ich meine die Mauern rund um die Echokammern im Internet; wo der Ton immer lauter und schriller wird, und trotzdem Sprachlosigkeit um sich greift, weil wir kaum noch dieselben Nachrichten hören, Zeitungen lesen, Sendungen sehen.

Und ich meine die Mauern aus Entfremdung, Enttäuschung oder Wut, die bei manchen so fest geworden sind, dass Argumente nicht mehr hindurchdringen. Hinter diesen Mauern wird tiefes Misstrauen geschürt, gegenüber der Demokratie und ihren Repräsentanten, dem sogenannten „Establishment“, zu dem wahlweise jeder gezählt wird – außer den selbsternannten Kämpfern gegen das Establishment.

Verstehen Sie mich richtig: Nicht alle, die sich abwenden, sind deshalb gleich Feinde der Demokratie. Aber sie alle fehlen der Demokratie. Gerade deshalb sollten wir am 3. Oktober vom 24. September nicht schweigen.

Natürlich, das erfordert Kontroverse. Differenzen gehören zu uns. Wir sind ein vielfältiges Land. Aber worauf es ankommt: Aus unseren Differenzen dürfen keine Feindschaften werden – und aus Unterschied keine Unversöhnlichkeit.

Damit Feindseligkeit sich nicht einnistet, dass sie nicht politische Realität wird, das ist Aufgabe von Politik in dieser Zeit – und kein Ort ist dafür so wichtig wie das Parlament. Der 3. Oktober in diesem Jahr fällt in eine Zwischenzeit. Der alte Bundestag tritt nicht mehr zusammen, den neuen gibt es noch nicht. Doch gewiss ist: der Deutsche Bundestag, der vor neun Tagen gewählt wurde, wird anders sein. Er spiegelt die schärferen Gegensätze und auch die Unzufriedenheiten wider, die es in unserer Gesellschaft gibt. Die Debatten werden rauer, die politische Kultur wird sich verändern.

Doch Sie, verehrte Abgeordnete, die heute bei uns sind: Sie können der Demokratie jetzt einen großen Dienst erweisen. Sie können zeigen, dass Demokraten die besseren Lösungen haben als die, die Demokratie beschimpfen. Sie können beweisen, dass Wut am Ende die Übernahme von Verantwortung nicht ersetzt. Sie können beweisen, dass durch den Tabubruch vielleicht der nächste Talkshowplatz gesichert, aber kein einziges Problem gelöst ist. Ich bin überzeugt: Sie werden beweisen, dass Argumente weiter tragen als die Parolen der Empörung.

Argumente statt Empörung brauchen wir auch und gerade bei dem Thema, das unser Land in den letzten zwei Jahren so bewegt hat wie kein anderes – Flucht und Migration. Nirgendwo sonst stehen sich die Meinungslager so unversöhnlich gegenüber – bis hinein in die Familien, bis an den Abendbrottisch. Was für die einen kategorischer „humanitärer Imperativ“ ist, wird von anderen als angeblicher „Verrat am eigenen Volk“ beschimpft.

Meine Damen und Herren, ich befürchte, solange das Thema ein moralisches Kampfgebiet zwischen diesen beiden Polen bleibt, werden wir der eigentlichen Aufgabe nicht gerecht, nämlich die Wirklichkeit der Welt und die Möglichkeiten unseres Landes überein zu bringen.

Die Not von Menschen darf uns niemals gleichgültig sein. Im Gegenteil, wir müssen noch mehr tun und unser Grundgesetz garantiert den Schutz vor politischer Verfolgung, aus guten, in Deutschland auch historischen Gründen, an die wir uns erinnern müssen. Doch wir werden den politisch Verfolgten nur dann auch in Zukunft gerecht werden können, wenn wir die Unterscheidung darüber zurückgewinnen, wer politisch verfolgt und wer auf der Flucht vor wirtschaftlicher Not ist.

Wir müssen uns ehrlich machen – in zweifacher Weise. Erstens, auch wenn sich hinter beiden Fluchtgründen menschliche Schicksale verbergen, sie sind nicht dasselbe und begründen nicht den gleichen uneingeschränkten Anspruch. Zweitens: Ehrlich machen müssen wir uns auch in der Frage, welche und wie viel Zuwanderung wir wollen, vielleicht sogar brauchen. Aus meiner Sicht gehört dazu, dass wir uns Migration nicht einfach wegwünschen, sondern – ganz jenseits von Asyl und den gemeinsamen europäischen Anstrengungen – auch legale Zugänge nach Deutschland definieren, die Migration nach unseren Maßgaben kontrolliert und steuert.

Nur wenn wir uns in beiden Fragen ehrlich machen, werden wir die Polarisierung in der Debatte überwinden. Ich bin sicher, wenn Politik sich dieser Aufgabe annimmt, gibt es eine Chance, die Mauern der Unversöhnlichkeit abzutragen, die in unserem Land gewachsen sind. Und das tut not.

Die Debatte über Flucht und Migration hat Deutschland aufgewühlt. Sie ist aber auch Folge und Abbild einer aufgewühlten Welt. Mit Blick auf die Umbrüche, die vielen internationalen Krisen und Konflikte habe ich von vielen Bürgern in den letzten Jahren den Satz gehört: „Ich versteh die Welt nicht mehr“ – und ehrlich gesagt: Ich konnte diesen Satz gut nachvollziehen.

In diesem Jahr und in meiner neuen Rolle habe ich aber noch einen anderen Satz gehört: „Ich versteh mein Land nicht mehr.“ Und dieser Satz, ehrlich gesagt, macht mir deutlich mehr zu schaffen.

Nach den G20-Protesten habe ich Ladenbesitzer aus der Hamburger Schanze getroffen, die sagten: „Wir mussten mit ansehen, wie aus ganz normalen Passanten Gaffer und Plünderer geworden sind.“

In Bitterfeld erzählte mir eine Frau: „Eigentlich wollte ich eine Wahlkampfrede anhören, aber da waren Mitbürger, Nachbarn, die haben mir mit ihren hasserfüllten Gesichtern richtig Angst gemacht.“

In Stuttgart traf ich einen Mitarbeiter aus der Autobranche, übrigens ein Sohn von türkischen Gastarbeitern, der sagte: „Jahrelang war ich stolz, dass ich in Deutschlands Vorzeigeindustrie arbeite. Jetzt fragen mich alle, ob ich mit betrogen habe.“

Und mehr als einmal habe ich im Osten gehört: „Mein Betrieb ist pleite, mein Dorf ist leer. Es ist ja gut, dass Ihr Euch um Europa kümmert – aber wer kümmert sich um uns?“

Meine Damen und Herren, ich weiß, das hören wir nicht gern an einem Feiertag. Aber wenn einer sagt „Ich fühle mich fremd im eigenen Land“, dann sollte niemand antworten: „Tja, die Zeiten haben sich halt geändert“. Wenn einer sagt „Ich versteh mein Land nicht mehr“, dann gibt es etwas zu tun in Deutschland – und zwar mehr als sich in guten Wachstumszahlen und Statistiken zeigt.

Denn verstehen und verstanden werden – das will jeder – und das braucht jeder, um sein Leben selbstbewusst zu führen. Verstehen und verstanden werden – das ist Heimat.

Ich bin überzeugt, wer sich nach Heimat sehnt, der ist nicht von gestern. Im Gegenteil: je schneller die Welt sich um uns dreht, desto größer wird die Sehnsucht nach Heimat. Dorthin, wo ich mich auskenne, wo ich Orientierung habe, wo ich mich auf mein eigenes Urteil verlassen kann. Das ist im Strom der Veränderungen für viele schwerer geworden.

Doch die Sehnsucht nach Heimat dürfen wir nicht denen überlassen, die Heimat konstruieren als ein „Wir gegen Die“; als Blödsinn von Blut und Boden; die eine heile deutsche Vergangenheit beschwören, die es so nie gegeben hat. Die Sehnsucht nach Heimat – nach Sicherheit, nach Entschleunigung, nach Zusammenhalt und Anerkennung – ich bin ganz sicher, meine Damen und Herren, die dürfen wir nicht den Nationalisten überlassen.

Ich glaube, Heimat weist in die Zukunft, nicht in die Vergangenheit. Heimat ist der Ort, den wir als Gesellschaft erst schaffen. Heimat ist der Ort, an dem das „Wir“ Bedeutung bekommt. So ein Ort, der uns verbindet – über die Mauern unserer Lebenswelten hinweg -, den braucht ein demokratisches Gemeinwesen und den braucht auch Deutschland.

Auf meinen Reisen durch Deutschland mache ich die wunderbare Erfahrung: Wo Heimat ist, da gibt es viel zu erzählen. Den neuen Film Sönke Wortmanns, „Sommerfest“, ein Heimatfilm über das Ruhrgebiet, den werden noch nicht viele gesehen haben. doch da sagt ein Herr Lammert, ein waschechter Bochumer: „Hömma…, Geschichten liegen hier überall auffer Straße rum – man musse nur aufheben.“

Ich sage das, weil ich finde, das muss der Anfang sein. Gehen wir nicht übereinander hinweg, sondern lesen wir unsere Geschichten auf. Wo nach dem 24. September jeder in seiner gesellschaftlichen Nische den Kopf geschüttelt hat, wo wir übereinander reden – und übereinander hinweg – da sollten wir wieder lernen, einander zuzuhören: wo wir herkommen, wo wir hinwollen, was uns wichtig ist.

Wenn ein Ostdeutscher erzählt, wie seine Heimat in der DDR sich nach der Wende radikal verändert hat – dass die neue Freiheit nicht nur Ziel von Sehnsucht, sondern auch eine Zumutung war, dass im Wandel vieles verloren ging, was man halten wollte – dann gehört auch das zu unseren deutschen Geschichten. Die Herstellung der Einheit war ein gewaltiges Werk. Natürlich wurden auch Fehler gemacht in den Jahren nach 1990 – es gibt keinen Grund, darüber zu schweigen. Ostdeutsche haben nach der Wiedervereinigung Brüche erlebt, wie sie unsere Generation im Westen nie kannte. Und dennoch sind diese ostdeutschen Geschichten kein solch fester Bestandteil unseres „Wir“ geworden wie die des Westens. Und, meine Damen und Herren, ich finde, es ist an der Zeit, dass sie es werden.

Die mutige Anwältin und auch Autorin Seyran Ate hat mir kürzlich erzählt: „Mir hüpft das Herz in der Brust, wenn ich in Istanbul den Bosporus wiedersehe. Und auf dem Rückweg nach Berlin hüpft mir das Herz, wenn ich den Fernsehturm wiedersehe.“ In ihrer Geschichte steckt etwas genauso Simples wie Wichtiges: Heimat gibt es auch im Plural. Ein Mensch kann mehr als eine Heimat haben, und neue Heimat finden. Das hat die Bundesrepublik für Millionen von Menschen bereits bewiesen. Sie alle sind Teil unseres „Wir“ geworden. Ganze Generationen sagen heute voller Stolz: „Deutschland ist meine Heimat“, – und ich finde, das hat uns bereichert.

Und wenn das unsere gemeinsame Erfahrung ist, dann sollte das uns Zuversicht geben für die großen Integrationsaufgaben, die vor uns liegen. Doch auch wenn wir sagen, Heimat ist offen, heißt das nicht, dass sie beliebig ist.

Für die Neuen heißt das zunächst mal, unsere Sprache zu lernen. Ohne sie gibt es kein Verstehen und Verstanden-werden. Aber es heißt mehr als das. Wer in Deutschland Heimat sucht, kommt in eine Gemeinschaft, die geprägt ist von der Ordnung des Grundgesetzes und von gemeinsamen Überzeugungen: Rechtsstaatlichkeit, die Achtung der Verfassung, die Gleichberechtigung von Mann und Frau. All das ist nicht nur Gesetzestext, es ist für gelingendes Zusammenleben in Deutschland unverzichtbar.

Und schließlich, bei allen Debatten, bei allen Unterschieden – eines ist nicht verhandelbar in dieser deutschen Demokratie: das Bekenntnis zu unserer Geschichte, einer Geschichte, die für nachwachsende Generationen zwar nicht persönliche Schuld, aber bleibende Verantwortung bedeutet. Die Lehren zweier Weltkriege, die Lehren aus dem Holocaust, die Absage an jedes völkische Denken, an Rassismus und Antisemitismus, auch die Verantwortung für die Sicherheit Israels – all das gehört für mich zum Deutsch-Sein dazu.

Und zum Deutsch-Werden gehört, unsere Geschichte anzuerkennen und anzunehmen. Das sage ich auch denen, die aus Osteuropa, Afrika oder den muslimisch geprägten Regionen des Mittleren Ostens zu uns gekommen sind. Wer in Deutschland Heimat sucht, kann nicht sagen: „Das ist Eure Geschichte, nicht meine“.

Doch wie sollen wir dieses Bekenntnis von Zuwanderern erwarten, wenn es in der Mitte unserer Demokratie nicht unangefochten bleibt? Die Verantwortung vor unserer Geschichte kennt keine Schlussstriche – ich füge hinzu: erst recht nicht für die Abgeordneten des Deutschen Bundestages.

Diesem Land anzugehören, bedeutet Anteil an seinen großen Vorzügen, aber eben auch an seiner einzigartigen historischen Verantwortung zu haben. Für mich gehört genau das zu einem aufgeklärten deutschen Patriotismus. Wenn uns in Deutschland etwas auszeichnet, dann ist es die langwierige, schwierige, ja schmerzhafte Aufarbeitung unserer Geschichte und der besondere Blick auf die tiefen Schatten, die genauso zu Deutschland gehören wie seine vielen hellen Seiten. Darauf können wir stolz sein.

Allzu oft habe ich nach der Bundestagswahl gelesen: Viele Menschen seien enttäuscht von Deutschland, von der Demokratie und ihren Institutionen. Wissen Sie, wer von der Bundesrepublik enttäuscht ist, der erwartet vor allem viel von ihr.

Ich bin und bleibe überzeugt: Wir können viel von diesem Land erwarten. Ein Land, das sich aus mancher Krise befreit hat. Mit einer Politik, die offene Fragen nicht wegmoderiert, sondern die Zukunft in die Hand nimmt. Wenn das das Leitmotiv wird, können wir das Deutschland schaffen, das die überwältigende Mehrheit der Deutschen sich wünscht:

Ein demokratisches Land, ein weltoffenes und europäisches Land, ein Land, das zusammenhält. Das wird so bleiben!

Das wird bleiben, weil es nicht die Besserwisser und Meckerer sind, nicht die ewig Empörten und nicht die, die ihre tägliche Wut auf alles und jeden pflegen. Nicht diejenigen prägen unser Land.

Nein, was mich so zuversichtlich macht, sind die Millionen anderen, die anpacken, die sich für das Gelingen und den Gemeinsinn in unserem Lande täglich einsetzen.

Die – ohne, dass sie’s müssten – nach den kranken Nachbarn schauen, die im Altersheim vorlesen oder Flüchtlingen beim Ankommen helfen. Die Alleinerziehenden vielleicht einen freien Nachmittag schenken oder in unzähligen Vereinen für den kulturellen Reichtum unseres Landes sorgen, diejenigen das Leben auf dem Dorf lebenswert halten, die sich abends nach der Arbeit im Gemeinderat noch um Bücherei und Schwimmbad kümmern, die Sterbende in den letzten Stunden ihres Lebens begleiten. Alle die vielen, die sich um mehr kümmern als nur sich selbst.

Das, meine Damen und Herren, sind die, die unser Land zusammenhalten – allen Besserwissern zum Trotz. Das sind die, die Einheit stiften – jeden Tag neu.“

Bundestagspräsident Norbert Lammert – ein Vorbild für die Demokratie

Filed under: Uncategorized — Stadtwissen66 @ 10:14 pm

Keiner hat die Außenwirkung des Deutschen Bundestags in den letzten Jahren so geprägt wie Bundestagspräsident Norbert Lammert. Er war nicht nur gut für das Parlament, er war auch gut für Deutschland. Lammert hat mit großem Selbstbewusstsein den Status des Parlaments gegen eine schier übermächtige großkoalitionäre Regierung verteidigt – und das sehr offensiv.

In vielen bemerkenswerten Reden hat er Akzente für Demokratie, Meinungsfreiheit und Parlamentarismus gesetzt.

Die Rechte der Opposition waren ihm immer wichtig.

Lammert scheute sich auch nicht, dem türkischen Präsidenten Erdogan die Leviten zu lesen. Er sagte der SZ, die Türkei entferne sich „immer weiter von unseren Ansprüchen an eine Demokratie“. Gleichzeitig warf er Erdogan „autokratische Ambitionen“ vor.

Der CDU-Politiker Norbert Lammert wurde im Jahr 1980 zum ersten Mal in den Deutschen Bundestag gewählt. Nach verschiedenen politischen Ämtern war er seit Oktober 2005 Präsident des Deutschen Bundestages und protokollarisch der zweite Mann im Staat. Der Bundestagspräsident wacht über die Einhaltung parlamentarischer Regeln und repräsentiert das Parlament in der Öffentlichkeit.

Seine Biografie:

Geboren am 16. November 1948 in Bochum; katholisch; verheiratet, vier Kinder.

Altsprachlich-humanistisches Gymnasium, Abitur 1967. Wehrdienst 1967 bis 1969. Anschließend Studium der Politikwissenschaft, Soziologie, Neueren Geschichte und Sozialökonomie an den Universitäten Bochum und Oxford (England) von 1969 bis 1975; Diplom 1972, Promotion zum Doktor der Sozialwissenschaften 1975.

Freiberufliche Tätigkeit als Dozent in der Erwachsenenbildung und Weiterbildung bei verschiedenen Akademien, Stiftungen, Verbänden und Firmen.

Veröffentlichungen im Bereich der Parteienforschung und zu wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Problemen. Lehrbeauftragter für Politikwissenschaft und Honorarprofessor an der Ruhr-Universität Bochum, seit März 2001 stellvertretender Vorsitzender der Konrad-Adenauer-Stiftung.

Mitglied der CDU seit 1966; stellvertretender Kreisvorsitzender der CDU Bochum von 1977 bis 1985, stellvertretender Landesvorsitzender der Jungen Union Westfalen-Lippe 1978 bis 1984, seit 1986 Mitglied des Landesverbandes der CDU Nordrhein-Westfalen, 1986 bis 2008 Vorsitzender des CDU-Bezirksverbandes Ruhr, seit 2008 Ehrenvorsitzender.  Mitglied im Rat der Stadt Bochum von 1975 bis 1980.

Mitglied des Bundestages seit 1980; 1983 bis 1989 stellvertretender Vorsitzender des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung und Vorsitzender der Deutsch-Brasilianischen Parlamentariergruppe. 21. April 1989 bis 10. November 1994 Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Bildung und Wissenschaft, ab 17. November 1994 beim Bundesminister für Wirtschaft, 15. Mai 1997 bis 26. Oktober 1998 beim Bundesminister für Verkehr. 1995 bis 1998 Koordinator der Bundesregierung für die Luft- und Raumfahrt; 1996 bis 2006 Vorsitzender der CDU-Landesgruppe Nordrhein-Westfalen, 1998 bis 2002 kultur- und medienpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Oktober 2002 bis 18. Oktober 2005 Vizepräsident und seit 18. Oktober 2005 Präsident des Deutschen Bundestages.

Dr. Armin König

GROSSE REDE DES BUNDESPRÄSIDENTEN ZUM TAG DER DEUTSCHEN EINHEIT 2017

Filed under: Uncategorized — Stadtwissen66 @ 8:53 pm

Ich finde diese Passagen aus der Rede des Bundespräsidenten großartig. Danke, Herr Präsident, danke Frank Walter Steinmeier, dass Sie dies so klar gesagt haben – und nicht nur dies. Das war eine große Rede. So lasst uns die deutsche Einheit feiern. Heute und immer wieder. Und immer wieder an der Einheit arbeiten. Aber sie eben auch loben. Happy birthday, Deutschland.
„Allzu oft habe ich nach der Bundestagswahl gelesen: Viele Menschen seien enttäuscht von Deutschland, von der Demokratie und ihren Institutionen. Wissen Sie, wer von der Bundesrepublik enttäuscht ist, der erwartet vor allem viel von ihr.
Ich bin und bleibe überzeugt: Wir können viel von diesem Land erwarten. Ein Land, das sich aus mancher Krise befreit hat. Mit einer Politik, die offene Fragen nicht wegmoderiert, sondern die Zukunft in die Hand nimmt. Wenn das das Leitmotiv wird, können wir das Deutschland schaffen, das die überwältigende Mehrheit der Deutschen sich wünscht:
Ein demokratisches Land, ein weltoffenes und europäisches Land, ein Land, das zusammenhält. Das wird so bleiben!
Das wird bleiben, weil es nicht die Besserwisser und Meckerer sind, nicht die ewig Empörten und nicht die, die ihre tägliche Wut auf alles und jeden pflegen. Nicht diejenigen prägen unser Land.
Nein, was mich so zuversichtlich macht, sind die Millionen anderen, die anpacken, die sich für das Gelingen und den Gemeinsinn in unserem Lande täglich einsetzen.
Die – ohne, dass sie’s müssten – nach den kranken Nachbarn schauen, die im Altersheim vorlesen oder Flüchtlingen beim Ankommen helfen. Die Alleinerziehenden vielleicht einen freien Nachmittag schenken oder in unzähligen Vereinen für den kulturellen Reichtum unseres Landes sorgen, diejenigen das Leben auf dem Dorf lebenswert halten, die sich abends nach der Arbeit im Gemeinderat noch um Bücherei und Schwimmbad kümmern, die Sterbende in den letzten Stunden ihres Lebens begleiten. Alle die vielen, die sich um mehr kümmern als nur sich selbst.
Das, meine Damen und Herren, sind die, die unser Land zusammenhalten – allen Besserwissern zum Trotz. Das sind die, die Einheit stiften – jeden Tag neu.“
Es ist wichtig, all denen zu danken, die anpacken, die helfen, die dieses Deutschland immer wieder neu beleben, die ihm den sozialen Stempel aufdrücken, die sich kümmern, die selbstlos für andere Menschen da sind.
Aber nicht nur sie prägen dieses Land.
Es sind auch die Profis, die dieses Land am Laufen halten. In allen Bereichen. Wir dürfen nicht zulassen, dass ausgerechnet die, die Leistungen für diese Bundesrepublik Deutschland, für die Menschen in diesem Land erbringen, denunziert werden.
Deutschland ist ein demokratisches, weltoffenes, proeuropäisches Land mit großer Kultur. Wir feiern dieses Land und wir kämpfen für dieses Land.
Armin König

September 30, 2017

E-Mobilität die Ausnahme

Filed under: Uncategorized — Stadtwissen66 @ 10:28 pm
Die Lokalredaktion der Saarbrücker Zeitung hat sich in einem ausführlichen Beitrag mit dem Thema e-Mobilität im Kreis Neunkirchen befasst. Das ist sehr lobenswert. Mirko Reuter schreibt: „E-Autos bleiben im Kreis trotz Diesel-Skandal Paradiesvögel. Auch in Verwaltungen gibt es sie nur vereinzelt“.
Zu Illingen heißt es: „Die Gemeinde Illingen besitzt einen Hybriden, der als Dienstwagen eingesetzt wird. „Wenn die Leasingverträge der Fahrzeuge des Bauhofes auslaufen, werden wir darüber nachdenken, ob wir eine teilweise Umstellung vornehmen. Dass jedes Fahrzeug, das wir in Zukunft anschaffen, elektrisch sein wird, glaube ich aber nicht“, sagt Illingens Bauamtsleiter Thorsten Feiß. Außerdem wird auf die Ladestation am Bahnhof hingewiesen.
Im SZ-Artikel über E-Mobilität fehlen allerdings wichtige Hinweise: Wir in Illingen haben schon vor Jahren gasbetriebene Lkw und einen Erdgas-Pkw eingesetzt – auf dem Bauhof und in der Verwaltung. Leider hat die Industrie diese höchst umweltfreundliche ErdgasTechnik nicht nur nicht weiterentwickelt: Sie hat sie mehr oder weniger boykottiert und stattdessen total auf den klassischen Benzin/Diese-Verbrennungsmotor gesetzt. Es gab und gibt kaum attraktive Modelle, die Frage der Wartung und der technischen Prüfung ist zum K.O.-Kriterium geworden. Erdgas-Technologie ist sogar umweltfreundlicher als Elektormobilität. Und ein E-Bike haben wir auch. Ein E.Gemeinderad.
Diese abwartende bis abwehrende Haltung der Autobmobilindustrie hat es auch dem Gaswerk Illingen schwer gemacht, Erdgasautos als Alternative zu schmutzigen Verbrennern zu positionieren.
Trotzdem ist eine neue Mobilität das Gebot der Stunde. Das wird auch für die neue Bundesregierung zu einer großen Herausforderung.
Armin König

September 21, 2017

Kontroverse zum Soli

Filed under: Uncategorized — Stadtwissen66 @ 9:51 pm

Berlin, 21. September 2017: (hib/HLE) Im Finanzausschuss sind am Mittwoch unterschiedliche Auffassungen zur Zukunft des steuerlichen Solidaritätszuschlags deutlich geworden. Mit der Mehrheit der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD lehnte das Gremium einen Antrag der Fraktion Die Linke (18/5221) ab, den Solidaritätszuschlag für gleichwertige Lebensverhältnisse in ganz Deutschland zu verwenden. Deshalb solle der Zuschlag in seiner jetzigen Höhe und Form als Bundessteuer beibehalten werden. Die Linksfraktion stimmte für den Antrag, die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen enthielt sich.

In dem Antrag wird die Bundesregierung aufgefordert, Vorschläge für mögliche Verwendungen des Solidaritätszuschlags zur Herstellung und Sicherung gleichwertiger Lebensverhältnisse in Deutschland zu machen – wie die Finanzierung eines Vorausgleichs zwischen den Ländern, einer generellen Aufstockung kommunaler Infrastruktur- und Investitionsmittel, sowie eines Solidarpaktes III speziell für strukturschwache Regionen.

Eine ersatzlose Abschaffung des Solidaritätszuschlags ab 2019 würde einen Einnahmeausfall von mindestens 19 Milliarden Euro jährlich für den Bund darstellen, warnte die Linksfraktion. Aufgrund der spezifischen Ausgestaltung des Zuschlags würden von seinem Wegfall vor allem Gutverdiener und Kinderlose profitieren. Zudem wäre eine solche Schwächung des finanziellen Spielraums des Staates unverantwortlich angesichts der fortschreitenden wirtschaftlichen Abkopplung strukturschwacher Gebiete in Ost und West. Es mache daher keinen Sinn, den Solidaritätszuschlag abzuschaffen, erläuterte ein Sprecher der Fraktion in der Sitzung, der sich für einen „Solidarpakt III“ aussprach. .

Die CDU/CSU-Fraktion erinnerte daran, dass der Solidaritätszuschlag mit einer Befristung eingeführt worden sei. Es sei richtig, dass schwache Regionen gefördert würden. Es stelle sich aber angesichts der sprudelnden Steuereinnahmen die Frage, ob diese Förderung mit dem Solidaritätszuschlag erfolgen solle. Die SPD-Fraktion erklärte, der Solidaritätszuschlag sei nicht befristet und sei auch nicht allein für den Aufbau Ost eingeführt worden. Der Antrag der Linksfraktion sei gut gemeint, aber er sei nicht weitreichend genug.

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen erklärte, sie teile die Auffassung der Bundeskanzlerin, dass der Solidaritätszuschlag auch nach Auslaufen des Solidarpakts notwendig sei. Auf diese Äußerung hatte auch die SPD-Fraktion hingewiesen.

September 15, 2017

Trendforschers Brimborium – Grünewald

Filed under: Uncategorized — Stadtwissen66 @ 11:14 pm

Das Nichts nichtet

Wieso hat eigentlich dieser Markt- und Auftragsforscher Stephan Grünewald ein solches Standing in den Medien? Was ich von ihm gelesen habe, qualifiziert ihn als unsäglichen Schwätzer. Wenn stimmt, was die Zeitungen schreiben, dann hat er für seinen Wutbürger-Stuss vor der Bundestagswahl 50 (!) so genannten “Tiefeninterviews” geführt. (Quelle. Saarbrücker Zeitung)
Seriöse Umfrageinstitute befragen für repräsentative Erhebungen in der Regel 800 bis 2000 Bundesbürger.

Holger Rust hat in einer sehr guten Studie die “Zukunftsillusionen” der “Trendforschung” unter die Lupe genommen. Ihm ist dabei gerade Grünewald aufgefallen. Und dass die Medien allzu gerne bereit seien, “vorgefertigte Elemente aus Pressemappen zu übernehmen”, statt selbst zu recherchieren. Das bedeutet hier: Nachdem der “Stern” Grünewald unkritisch zitiert hat, zitieren weitere Medien den Stern als Referenz für den angeblich so bedeutenden Herrn Grünewald. Dem wird immerhin in Rusts Studie attestiert, mit “anekdotischen Beweisketten” aus “Auftragsarbeiten” “Trends” zu behaupten, die wissenschaftlich praktisch unbrauchbar sind. Und dieser Grünewald wird zum Titelthema des Spiegels und folglich von Lanz in die Sendung eingeladen, wo dieser “Deutschlandauf-derCouch”-Populärpychologe wiederkäuen kann, was er sich auf der Grundlage unterschiedlichster Quellen zusammengereimt hat. Was von diesem Psychologen zu halten ist, belegt ein Ausschnitt aus seinem Schwall-Buch “Die erschöpfte Gesellschaft – Warum Deutschland neu träumen muss”: Facebook – der heilige Geist der Brüder- und Schwesterngemeinde / In einer virtuellen Welt, die in scheinreligiöser Anmaßung einen Gott, einen Messias und seine Jünger produziert, soll auch der heilige Geist der Gemeinschaft nicht fehlen. Und der wird derzeit vor allem von Facebook in flammendem missionarischem Eifer getragen. Auf Facebook erwacht in profanisierter Form das religiöse Ideal einer weltumspannenden Brüder und Schwesterngemeinde”. Ich weiß ja nicht, was Grünewald geraucht hat, aber mit Wissenschaft und Forschung hat dieser Stuss schlicht nichts zu tun. Im Sinne Heideggers gesagt: Das Nichts nichtet.

P.S.

Zwei Sätze noch zu diesem Deutschland-auf-der-Couch-Psychologen Stephan Grünewald: Er hat vorausgesagt, dass die nationalradikale AfD bei der Bundestagswahl stärker werden könne als die SPD. Er hat darüber hinaus wissen lassen, “dass die Technik der Sex-Industrie einen starken Schwung geben kann”. Und er ist laut Handelsblatt ein Mann, der sagt, was Kunden wünschen. Der ist also der Kronzeuge für ein Wut-Deutschland auf der Couch, deren Bürger “ihr Auenland so lange wie möglich erhalten wollen.” Oh heiliges Brimborium. Das ist ein echter Phall für die Technik-Couch des guten alten Adlers Freud und seiner Jünger. Das Nichts nichtet, und die Welt ist alles, was der Phall, äh: Fall ist. Germania tractatus est. Oma locuta, causa finita.

 

Armin König

September 14, 2017

Demografie und Lamento

Filed under: Uncategorized — Stadtwissen66 @ 11:10 pm

Seit 15 Jahren wird lamentiert, der demografische Wandel lasse Deutschland schrumpfen und vergreisen. »Sterben die Deutschen aus?» fragte BIRG alarmistisch (2000). Seither sind hunderte Monografien und Beiträge erschienen, in denen die demografische Krise analysiert wird. Die Zahl der Leerstände werde massiv zunehmen, die Bevölkerungszahl sinke, Deutschland verliere seine Konkurrenzfähigkeit. Durch Facharbeitermangel entstehe der Wirtschaft ein Schaden von 8 Milliarden Euro. Mit der so genannten Flüchtlingskrise hat sich der Alarmismus auf das Thema Migration verschoben, ist heftiger und drastischer geworden, man diskutiert nicht mehr über Leerstände, sondern über «Obergrenzen» der Zuwanderung, »Kontingente«, über angebliche Bedrohungen und tatsächliche Belastungen, über Wohnungsknappheit und Kommunalfinanzprobleme.

Der Bevölkerungsrückgang ist gestoppt, Deutschland kann gar Zuwächse verzeichnen. Nach einer Schätzung des Statistischen Bundesamtes (Destatis) dürfte sich die Einwohnerzahl Deutschlands 2015 von knapp 81,2 Millionen am Jahresanfang auf mindestens 81,9 Millionen Menschen am Jahresende erhöht haben.

Damit ist aber BIRGs populistische Mahnung nicht aus der Welt, wonach die Deutschen aussterben könnten. Er meinte dies ja gerade im Kontrast zu Migranten, was zumindest einen chauvinistischen Touch hat und heute so nicht mehr kritiklos behauptet werden könnte. Das Geburtendefizit ist nach wie vor aktuell, darüber hinaus lässt sich demografischer Wandel nicht auf absolute Bevölkerungszahlen reduzieren. Migration stoppt den demografischen Wandel nicht, auch die Alterung bleibt ein Problem, neue Herausforderungen tauchen auf. Darum geht es.

Literatur

Birg, H (2000): Sterben die Deutschen aus? Interview mit Spiegel online am 6.1.2000.

DeStatis (2015): Deutlicher Bevölkerungsanstieg im Jahr 2015 auf mindestens 81,9 Millionen. Pressemeldung vom 29. Januar 2016.

König, A. (2014) Demographie kompakt.

 

Armin König

September 13, 2017

AfD stoppen – wir sind Demokratie

Filed under: AfD,Politik,Uncategorized — Stadtwissen66 @ 11:07 pm

AfD stoppen – Wir sind Demokratie

Warum nehmen so viele Menschen als gegeben hin, dass die AfD laut Umfragen so viele Stimmen bekommt, dass sie in den Bundestag kommt? Wir müssen noch 13 Tage Überzeugungsarbeit leisten, und den Wählern sagen, dass das Freiheitsfeinde sind, Rechtsaußen, die Sozialleistungen kürzen wollen, Feindschaft säen, Menschen diskriminieren und unseren Wohlstand gefährden. So einfach ist das.

Und das muss man den menschen offen sagen. ich habe ja Verständnis dafür, dass Menschen in einer Situation der Verunsicherung Proteststimmen abgeben. Aber dass sie ausgerechnet bei dieser erratischen radikalnationalen Partei landen, ist unfassbar.

Weidel, Gauland, Höcke und ihre ganze Gefolgschaft sind schlicht nicht wählbar. Ihre extremen Auffassungen sind längst hinreichend bekannt. Umso mehr entsetzt es mich und viele andere Bürger, dass diese rechte Bande solchen Zulauf hat.

Die Frage ist jetzt nicht, ob sie reinkommen. Die Zahlen sprechen eine ziemlich eindeutige Sprache.

Die Frage ist aber, ob und wie wir uns gegen die Destruktiven wehren und unsere Werte verteidigen.

Und all den Nörglern und Kritikern sei gesagt: Hört endlich auf, die klassischen Parteien als “die Etablierten” schlecht zu machen. Wir können uns glücklich schätzen, solche etablierte Parteien zu haben, bei allen Fehlern. WIR SIND DEMOKRATIE. WIR SIND SO FREI, UNSERE MEINUNG FREI ZU ÄUSSERN.

Armin König

September 12, 2017

Turbokapitalismus tötet

Filed under: Kapitalismus,Turbokapitalismus,Uncategorized,Wirtschaft — Stadtwissen66 @ 10:43 pm
Turbokapitalismus tötet
Nie zuvor hat ein Weltkirchenoberhaupt den Kapitalismus in seiner angelo-amerikanischen Form so gegeißelt wie der argentinische Papst Franziskus. „Diese Wirtschaft tötet“, formuliert er in seinem apostolischen Lehrschreibe Evangelii Gaudium. Er verurteilt nicht das Privateigentmm, er verkennt auch nicht die positiven Effekte eines freiheitlichen Wirtschaftssystems, das jedem Einzelnen die Chance gibt, sich zu entwickeln und nach seiner Fasson selig zu werden.
Franziskus verurteilt aber die schreienden Ungerechtigkeiten eines Wirtschaftssystems, das mit Vorsatz Menschen tötet. Sein Lehrschreiben ist eine Kampfansage an den radikalen Kapitalismus, den Kritiker wahlweise Turbokapitalismus oder Raubtierkapitalismus nennen.
Den Begriff Raubtierkapitalismus, der von vornherein pejorativ gemeint ist, hat der verstorbene  Ex-Bundeskanzler und ZEIT-HerausgeberHelmut Schmidt mehrfach verwandt (2003: Das Gesetz des Dschungels) und populär gemacht. Auch sein Herausgeberkollege Michael Naumann hat sich dieses Themas angenommen (2006: Im Zoo des Raubtierkapitalismus). Schmidt fasst seine Kritik in die Worte: „Manche Topmanager vergessen allen Anstand. Der Raubtierkapitalismus bedroht die offene Gesellschaft“. Auch ein ehemaliger Top-Manager hat sich auf diesen Begriff festgelegt: Edzard Reuter. Seine Erkenntnis 2005: „Geiziger und gieriger Kapitalismus darf nicht allein herrschen“. Er kritisiert im Deutschlandfunk, „dass unser Wirtschaftssystem in vielerlei Hinsicht in einen Raubtier- und Haifischkapitalismus ausgeartet ist.“
„Zivilisiert den Kapitalismus“, hatte Marion Gräfin Dönhoff bereits 1996 gefordert. Der Appell hat nichts von seiner Dringlichkeit verloren.
Armin König

September 10, 2017

Illinger Jugendbericht

Filed under: Jugend,Uncategorized — Stadtwissen66 @ 10:32 pm
Tags: , ,

Illingen, 10. September 2017 / AK

Jugend mischt auf, Jugend regt an, Jugend regt auf, Jugend mischt mit. So kann es sein, so sollte es sein, so ist es aber nicht immer. Jugend ist die next Generation, die größtes Interesse daran hat, eine Welt vorzufinden, die ihr Chancen und Entwicklungsmöglichkeiten gibt. Eigentlich wäre die Zeit reif für ein neues Denken.
Die Welt ändert sich ja fundamental.
Das Internet ist zu einem ganz neuen Kulturraum geworden, einer neuen Realität, einem neuen Fundament unserer Gestaltungsprozesse. Dabei stehen wir erst am Anfang einer Entwicklung, deren Folgen noch gar nicht absehbar sind.
Daran muss sich auch kommunale Jugendarbeit messen lassen.
Es gibt zwar noch immer den lokalen, kommunalen Erfahrungsraum. Aber jedes Dorf kann mittlerweile Teil eines Global Villages sein. Überall ist Global Village, überall ist Leben.
Wenn in über Jugendpolitik kritisch diskutiert wird, geht es fast immer um Kinder- und Jugendhilfepolitik. Jugendpolitik ist aber weit mehr als nur Kinder- und Jugendhilfe. Sie ist auch weit mehr als Bildungs- und Qualifizierungspolitik.
Kommunale Jugendarbeit ist Ermutigungspolitik für junge Menschen.
Das versuchen wir seit 20 Jahren nach besten Kräften.
Frank Schuppener ist das Gesicht dieser Jugendpolitik. Er hat jetzt seinen letzten Jugendbericht vorgestellt. Künftig wird er vor allem für Demografie und für unsere Bürger-Stiftung sowie für Sozialthemen zuständig sein.
Ich will mich bei ihm, der einer meiner treuen Weggefährten ist, herzlich bedanken für seine engagierte und unkonventionelle Arbeit in den letzten zwei Jahrzehnten. Das war klasse, Frank.

Dr. Armin König, Bürgermeister

Nächste Seite »

Bloggen auf WordPress.com.